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Israel mal Anders: Wandern im heiligen Land

„Ganz Israel ist eigentlich ein riesiges Freilichtmuseum, das unter einer dicken Staubschicht begraben liegt. Was können wir machen, um das Land wiederzubeleben?“

Die spektakuläre Sicht hinab zum Wadi Ze'elim

Die spektakuläre Sicht hinab zum Wadi Ze'elim

Amir Moran ist einer der geistigen Väter des Gospel Trail

Amir Moran ist einer der geistigen Väter des Gospel Trail – ein Wander/Pilgerweg, der auf den Spuren Jesus von Nazareth zum See Genezareth führt. Ich hatte mir Herrn Moran als einen kernigen Mann im karierten Hemd und Wandershorts vorgestellt – in der Realität ist er ein fast schon gebrechlich wirkender Herr im Anzug weit über 70. Aber wenn man Äußerlichkeiten beiseite lässt, sind es ja bekanntlich die inneren Werte, die zählen.

Zum Wandern in Israel hat er sich auf jeden Fall seine Gedanken gemacht: „Wenn die Leute nicht nur im Bus von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gekarrt werden, sondern mit ihren eigenen Füssen in die Fußstapfen der Geschichte treten, dann werden die vergangenen Zeiten viel leichter wieder lebendig.“

Er empfiehlt uns zwei Teilstrecken des Gospel Trails, der mit Steinmännchen und gelben Ankerpfeilen gut ausgezeichnet ist. Die Karte dazu gibt es bei jeder Touristen-Information, oder man kann sie vorher über das Internet bestellen.

Wir beginnen unsere erste Wanderung am „Mount Precipice“ - hier wurde Jesus angeblich von den Menschen aus Nazareth vertrieben, die ihn nicht als Messias anerkennen wollten. Heute hat man von hier einen tollen Blick auf Nazareth mit seinen vielen Kirchen und Moscheen. Eigentlich wollen wir in Israel einfach nur wandern und uns weder in Politik noch Glauben zu sehr vertiefen … hier ist beides ein schier unmögliches Unterfangen, da man mit jedem Schritt alten Geschichten begegnet, die natürlich – um ehrlich zu sein – zum Zauber des Landes beitragen.

Es ist Frühling im heiligen Land. Am Weg blühen Alpenveilchen und Klatschmohn, die Wiesen im Tal sind quietschgrün und die Landschaft erinnert wenig an das, was man sich gemeinläufig unter der kargen Vegetation des Nahen Ostens vorstellt. Die meisten Wanderer gehen die 60km des Gospel Trails in vier Tagen, wobei der 16km lange Abschnitt zwischen dem Kibbuz Lavi und Magdala der landschaftlich Reizvollste ist.

Hier passiert man die „Hörner von Hattin“ - eine Bergkette, von der sich der Blick auf den See Genezareth erstreckt. 1187 erfuhren die Kreuzfahrer hier ihre größte militärische Niederlage, die zum Verlust großer Teile der Kreuzfahrerstaaten führte, einschließlich des Königreichs Jerusalem.

Schon irgendwie Wahnsinn, wenn man sich vorstellt, welch ein Unterfangen damals eine Reise ins heilige Land war … monatelang war man Straßen- und Seeräubern, Stürmen und tagelangen Fußmärschen ausgesetzt. Heute setzt man sich vier Stunden ins Flugzeug und ist mitten in der “Giftküche Gottes“, wie Georg Rößler das heilige Land gerne nennt. Er ist Autor des Buches „Auf dem Weg nach Jerusalem“, das vor allem die biblisch interessanten Stellen auf dem „Jerusalem Trail“ beschreibt. Wanderreisen in Israel boomen, meint er: „Vor 2-3 Jahren wollten nur 2-3% der Reisenden wandern. Jetzt liegen wir bei 30% und die Tendenz ist auf jeden Fall steigend“. Israel ist als Reiseland so beliebt wie nie zuvor – wahrscheinlich, da es momentan das vermeintlich sicherste Land im Nahen Osten ist. „Als Wanderer muss man sich keine Sorgen machen“ versichert er uns „Es gab noch nie Überfälle. Auch alleinreisende Frauen werden wahrscheinlich nicht mehr belästigt als bei einer Wanderung auf den Heidelberger Königstuhl.“

Bevor wir nach Jerusalem gehen, zieht es uns allerdings erst einmal in die judäische Wüste. Nur 200km südlich des grünen Nazareths sieht die Welt hier ganz anders aus – irgendwie biblischer.

Genau so, wie wir uns das vorgestellt haben: Schroffe Felsformationen, tiefe Täler, strahlend blauer Himmel, Schafherden, die von Kindern mit Stöcken und Steinen zusammen gehalten werden … allein, dass die Wadis (vorübergehend wasserführende Schluchten) momentan mit Regenwasser gefüllt sind und die Temperaturen bei angenehmen 20 anstatt bei sommerlichen 40 Grad liegen, erinnert uns daran, dass es erst Anfang Frühling ist.

Unser Startpunkt liegt bei 370m unter Meeresspiegel (eine lustige Vorstellung). Da es hier schon sehr trocken und heiß ist, packen wir zum Wandern auf jeden Fall genügend Trinkwasser ein und wandern entlang des Wadi Ze'elim. Die anfänglich noch breite Schotterpiste endet an einem sogenannten „Tsefira Pool“ Campingplatz – was aber in Wirklichkeit nur ein Parkplatz ist. Von hier kann man aus mehreren Wanderwege in verschiedenen Schwierigkeitsgraden auswählen. Wir laufen an den vom Regenwasser gefüllten Gumpen vorbei, in denen fröhlich Kinder baden, und folgen der blau-weissen Markierung auf einen Bergrücken, von dem sich eine spektakuläre Sicht hinab zum Wadi Ze'elim bietet. Einige im Fels befestigte Metallstufen erleichtern den Abstieg zum Flussbett … hier endet unsere Wanderung etwas abrupt: das Flussbett ist nach dem Frühlingsregen noch mit Wasser geflutet und versperrt uns den Weg. Bei der Szenerie ist das aber kein Drama - wir wählen einfach einen anderen Weg und genießen die Wüste.

Am nächsten Tag zeigt uns Israel, wie vielfältig die Landschaft hier sein kann. Nachdem sich abends unsere müden Knochen durch ein Bad im toten Meer erholt haben, starten wir unsere Wanderung im „En Gedi Nature Reserve“, keine 300m vom Ufer des Meeres entfernt gelegen.

Mein Highlight in Jerusalem: Der Tempelberg

Aber wie anders präsentiert sich hier die Natur? Ein Bach windet sich hier ganzjährig durch hohe Gesteinsbrocken zum Meer hinab; hohe Bäume spenden Schatten; und Klippschliefer (eine Art überdimensioniertes Meerschweinchen) wuseln zwischen den Steinen und auf Bäumen herum. Gruppen von Jugendlichen mit Selfie-Sticks posieren in Badekleidung vor diversen Wasserfällen.

Aber sobald man das Wadi David verlässt und in Richtung der Quelle von En Gedi wandert, wird es wieder ruhig und karg. In der Ferne schillert das Tote Meer azurblau im krassen Kontrast zu den ockerfarbenen Felsen direkt am Wanderweg. Eine Steinbockherde zieht gemütlich mümmelnd an uns vorbei und ignoriert uns dabei geflissentlich. In diesem Moment frage ich mich, was dieses Land jetzt noch als Highlight bieten kann. Die Antwort ist: Jerusalem!

Unser ortsansässiger Reiseführer David verkündet, dass wir am nächsten Tag vom „Ölberg herunter nach Jerusalem einziehen“. Ich muss ob dieser Formulierung kichern – offensichtlich hat er sein deutsches Vokabular aus der Bibel. Diese Wegstrecke ist die letzte Etappe des Jerusalem-Trails. Und wenn man sie auch nicht wirklich als Wanderung betrachten kann, ist es trotzdem einer der Highlights unserer Israel-Reise.

Zynisch betrachtet handelt es sich bei Jerusalem um einen Haufen Steine, über den sich seit Jahrtausenden die Menschen die Köpfe einschlagen.

Doch sobald ich die Stadt durch das Löwentor betrete, fühle ich mich in eine andere Welt versetzt: Enge Gassen führen in einem wilden Wirrwarr bergauf bergab. Kleine Lädchen bieten Gewürze, Tand und (ganz lecker) Granatapfelsaft. Namen aus den Nachrichten, Geschichts- und Religionsunterricht prasseln auf mich ein, und plötzlich bin ich Teil dieser uralten Historie. Auf erstaunlich engem Raum leuchtet die goldene Kuppel des Felsendoms, das Minarett der Al Aqsa Mosche und das graue Dach der Grabeskirche. Orthodoxe Juden mit Kippas und Schläfenlocken beten neben Amerikanern mit Cowboy-Hut an den riesigen Steinen der Klagemauer. Verschleierte Frauen, Pilger, Touristen, Händler … Alle tummeln sich in den engen Gassen. Moscheen, Kirchen, Synagogen, römische Straßen … hier hat jeder seine Spuren hinterlassen. Ein Mann mit einem Kreuz auf der Schulter schlurft an uns vorbei und ich komme vor wie in einer Szene aus Monty Pythons „ Das Leben des Brian“.

Als ich am nächsten Tag im Flugzeug meinem ungefähr 25 jährigen, netten Sitznachbarn belustigt von dieser Begegnung erzähle, antwortet mir dieser ganz ernst, dass er auch ein Kreuz auf der Via Dolorosa getragen hat, um das Leiden Jesus besser nachvollziehen zu können. Scheinbar wird für jeden die Geschichte dieser Region anders lebendig: für manche durch Kreuze tragen, andere beten und für wieder Andere wird sie erst durch das Wandern im heiligen Land wirklich real … bei so viel Auswahl hilft dann wohl nur Toleranz gegenüber allem Anderen :;)!

Allgemeine Auskünfte:

https://new.goisrael.com/de offizielle Seite des israelischen Fremdenverkehrsamts.

Internationale Vorwahl: +972

Währung: Schekel. EC und Kreditkartenautomaten sind weit verbreitet.

Für die Einreise braucht man einen Reisepass, der noch mindestens 6 Monate gültig ist. Ein Visum ist nicht erforderlich.

Sabbat:

Bei einer Reise ins jüdische Israel sollte man unbedingt beachten, dass am Sabbat (Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag.) viele Lokale, Geschäfte und Märkte geschlossen sind. Es fahren auch keine öffentlichen Verkehrsmittel: Busse und Züge stellen am Freitag am Nachmittag ihren Betrieb ein und fahren erst wieder am Samstag, wenn es dunkel ist.

Wandern:

Der Rother Verlag hat 2017 den Wanderführer „Israel. Das Heilige Land – von Galiläa bis Eilat“ mit 41 Touren von leicht bis schwierig herausgegeben. Die Wege sind alle gut beschrieben und auf einer kleinen Karte eingezeichnet.

Auf der Webseite www.outdooractive.com kann man sich online verschiedenen Touren mit Wegbeschreibung und Karten aussuchen.

In Israel gibt es auch mehrere Weitwanderwege:

Der bekannteste und längste, durchgehend markierte Fernwanderweg ist der Israel National Trail, der das gesamte Land von Norden nach Süden durchquert. Auf über 1000 km verläuft der Weg vom Berg Hermon bei Dan im Norden des Landes bis zur Hafenstadt Eilat am Roten Meer im Süden. Auf dem Weg liegen zahlreiche historische und biblische Schauplätze, antike Stätten, pulsierende Städte wie Tel Aviv und Jerusalem, eine grüne, hügelige Landschaft im Norden, eine mediterrane Küstenlandschaft bei Tel Aviv und eine karge, felsige Wüstenregion im Süden. Kein Wunder, dass der Israel National Trail vom Magazin National Geographic zu einem der zehn schönsten Wanderwege weltweit gekürt wurde! Wer den ganzen Weg an einem Stück bewältigen möchte, muss dafür je nach Kondition 30 bis 45 Tage veranschlagen.

Der rund 60 km lange Gospel Trail folgt den Spuren Jesu Christis. Von seiner Heimatstadt Nazareth führt die Strecke bis nach Kapernaum am Westufer des Sees Genezareth. Vom Hauptweg zweigen mehrere kürzere Nebenstrecken ab, sodass die Wanderung beliebig variiert werden kann.

Wer Aktivurlaub mit Kulturerlebnissen verbinden möchte, ist auf dem Jerusalem Trail genau richtig. Der 42 km lange Wanderweg mit Anfangs- und Endpunkt in Sataf beziehungsweise Sapir führt durch und um Jerusalem herum: Die Altstadt Jerusalems, das Kidron-Tal, der Ölberg, der Garten Gethsemane mit seinen knorrigen Olivenbäumen, die nationale israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, der Skopusberg und die Hebräische Universität sowie das israelische Parlament Knesset sind nur einige der Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke.

Reisezeit:

Zum Wandern empfiehlt sich der Frühling zwischen Anfang März und Mai, wenn das sonst trockene Land (zumindest im Norden)mit Wildblüten überzogen ist. Ab Ende September bis Dezember sind die Temperaturen dann wieder so erträglich, dass an Wandern zu denken ist.

Anreise:

Ryanair fliegt zwei Mal wöchentlich von Karlsruhe nach Tel Aviv. Flug ohne Check in Gepäck ab 200€. Lufthansa fliegt täglich non-Stop ab Frankfurt – Kosten ab 250€. Die israelische Fluggesellschaft El Al scheint die ohnehin schon strengen Sicherheitsvorkehrungen noch einmal penibler auszulegen; 3 Stunden vor Abflug am Flughafen sollte man am Flughafen sein.

Die Straßen sind gut ausgezeichnet (in hebräisch, arabisch und englisch) und so ist es am unkompliziertesten, sich einen Mietwagen zu buchen. Eine Woche kostet beispielsweise bei www.billiger-mietwagen.de für die kleinste Klasse 100€.

Pauschal:

Verschiedene Reiseanbieter haben sich inzwischen auch auf das Wandern im Heiligen Land spezialisiert. Hauser Expeditionen bietet beispielsweise mehrere Pakete mit verschiedenen Schwerpunkten an - www.hauser-exkursionen.de.

Übernachten:

Leider sind Unterkünfte in Israel nicht besonders günstig … ich habe mich bemüht, auch günstige Optionen zu finden:

Das Österreichische Hospiz ist mein Geheimtip mitten im Herzen der Altstadt von Jerusalem. Kein Schild lässt vermuten, dass sich hier hinter einem grossen Tor auf der Via Dolorosa eine Oase versteckt. Eine unscheinbare Klingel ist das Mittel zum Einlass. Über breite, prachtvolle Treppen erreicht man den Garten und das Haupthaus. Von hier und von der Dachterrasse hat man einen umwerfenden Blick auf das Treiben in der Stadt. Das Doppelzimmer mit Frühstück kostet 74€. Es gibt auch Betten im Schlafsaal für 34€. Unbedingt weit im Voraus reservieren.

Via Dolorosa 37, 91194 Jerusalem, Tel: +972 -2 -626 58 00, www.austrianhospice.com

Das schicke Boutique-Hotel Villa Brown liegt nur wenige Minuten von der Altstadt entfernt. Das Frühstück, das man in dem kleinen Garten serviert bekommt, ist einfach gigantisch: Hummus, Salat, Oliven, Fladenbrot - und das sind nur die Vorspeisen vor dem Wunsch-Frühstück! Doppelzimmer mit Frühstück ab 190€.

Ha-Nevi'im St 54, Jerusalem, Tel: +972 2-501-1555, http://brownhotels.com/villa

Das Ein Gedi Hotel liegt spektakulär in einem botanischen Garten zwischen der Wüste und auch nur ein paar Minuten vom Toten Meer entfernt. Von hier kann man tagsüber tolle Wanderungen machen und sich abends im hoteleigenen Spa erholen. Doppelzimmer mit Frühstück ab 200€.

Ein Gedi, 86980, Tel: +972-8-6594221-3, www.de.ein-gedi.co.il

Wer auf Luxus und ein eigenes Zimmer verzichten kann, der schläft in der 300 Meter entfernten Ein Gedi Camp Lodge im 5er-Schlafsaal mit Gemeinschaftsbädern für 28€ pro Person günstiger … die Sicht auf Berge und Meer ist dieselbe.

Kibbuz Ein Gedi 1, south district, Ein Gedi, 86980, Tel: +972 52-370-9830

Essen:

Die arabisch/israelische Küche ist unglaublich frisch und lecker. Zu jeder Mahlzeit werden eine Unmenge an Vorspeisen wie Hummus (Kirchererbsenmus mit Sesam), verschiedene Salate, Cremes und frisches Brot gereicht. Fleischspieße, Fisch oder gegrilltes Gemüse – hier kommt jeder auf seine Kosten.

Das Decks Restaurant in Tiberias liegt direkt auf einem hölzernen Deck mit Blick auf den See Genezareth. In dem koscheren Restaurant werden Fleischgerichte direkt vom Grill serviert. Eine Spezialität ist das saftig-würzige, direkt auf Holzkohle gegarte Steak mit besonders rauchigem Aroma. Bei zu kalten Temperaturen und im Winter ist das Restaurant geschlossen, besser vorher anrufen.

Gdud Barak Street, Tiberias, Tel: +972 4-671-0800‬

Im Anna Restaurant bekommt man nicht nur in außergewöhnlicher Atmosphäre tolles italienisches Essen – man isst hier auch noch für einen guten Zweck. Hier arbeiten Jugendliche, die vorher in schwierigen Umständen waren und bekommen so eine neue Chance. Je nach Wetter kann man in den geschmackvollen luftigen Zimmern, im Garten oder auf der Terrasse speisen.

Ticho House Museum. Harav Hagan st. 10, Jerusalem, Tel +972-2-543-4144, www.annarest.co.il

Im ÖsterreichischenHospiz (siehe Beschreibung Übernachten) kann man nicht nur schlafen, sondern sich auch bei einer Stadttour im eigenen Wiener Kaffeehaus eine Pause gönnen. Von den zwei Aussichtstürmchen kann man in aller Ruhe den Trubel auf der Via Dolorosa unten betrachten und dabei Wiener Melange, Sachertorte, oder auch ein Wiener Schnitzel genießen.

Geöffnet 10-22 Uhr. Via Dolorosa 37, Jerusalem, Tel: +972 -2 -626 58 00, www.austrianhospice.com‬

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