top of page

Auf der Suche nach der „Verlorenen Stadt“ in Kolumbien

Wir befinden uns im Jahr 1972 nach Christus. Die ganze Welt ist entdeckt. Die ganze Welt? Nein! Eine kleine, verlorene Stadt sträubt sich im tiefen, kolumbianischen Dschungel ihrer Erschließung und wartet darauf, aus ihrem 350-jährigen Dornröschenschlaf geweckt zu werden.

Allerdings ist es leider kein Prinz (oder sympathische gallische Krieger), sondern Grabräuber, die die Ciudad Perdida wieder auf die Weltkarte bringen. Nun müssen die Ruinen noch einmal fast 40 Jahre Bandenkriege und Drogenanbau über sich ergehen lassen, bevor sie von einer neuen Spezies heimgesucht werden: Wanderer!

Denn die größte wiederentdeckte präkolumbische Stadt Südamerikas (neben dem Machu Picchu in Peru) ist nur über eine mehrtägige Tour per pedes zu erreichen.


Wer sich hierher auf den Weg macht, der meint es ernst. Im tiefen Dschungel oberhalb der karibischen Nordküste Kolumbiens lautet das oberste Gebot: Schwitzen! Bei durchschnittlich 75% Luftfeuchtigkeit und über 30 Grad muss man sich gar nicht sonderlich anstrengen, um das Wasser aus allen Poren fließen zu lassen. Zwar ist die Wanderung zur Dschungelstadt – auf 44km und 2140 Höhenmetern auf 4 Tage verteilt - nicht besonders hart und weit, aber die Temperaturen, die sich anfühlen wie ein Besuch im Dampfbad, machen sie zu einer Herausforderung. Sabine (Wanderin um die 50, nicht besonders outdoor-affin) ächzt gleich beim ersten Anstieg

„Ich fühl' mich wie ein lebender Wasserfilter.“

Frühmorgens am ersten Tag … 

werden die Trekking-Willigen in Santa Marta an der Küste abgeholt und nach El Mamey gefahren. Das kleine Dorf ist die Verladestation für Maultiere, denn von hier führt nach ein paar Kilometern nur noch ein schmaler Pfad weiter in die Berge der Sierra Nevada de Santa Marta.

Denise ist 29 Jahre alt und eine der nur sechs Frauen, die auf dem Trek als Wanderführerinnen arbeiten. Ihre Aufgabe ist es, die zehn Mitglieder der Gruppe wohlbehalten zur Ciudad Perdida und wieder zurück zu lotsen. Sie macht das mit großem Enthusiasmus und nennt das wild zusammengewürfelte internationale Team zwischen 20 und 60 Jahren „Águilas“ – auf deutsch „Adler“. Noch ahnt niemand, dass ihr Kampfruf „Vamos Águilas!“ (Los geht’s Adler!), die Gruppe ab jetzt jeden Morgen aus dem Tiefschlaf reißen wird!


Der zweite Guide Gustavo - eigentlich ein venezolanischer Journalist, der aufgrund der Versorgungskrise in seinem Land in Kolumbien arbeitet - spricht perfekt Englisch und dient als Übersetzer, da Denise wie die meisten anderen Wanderführer momentan nur Spanisch spricht. Erst der Friedensvertrag von 2016 brachte das südamerikanische Land nach 52 Jahren Bürgerkrieg wieder zurück auf die Reiseliste, und während Besucher am Machu Picchu bei Sonnenaufgang Schlange stehen, müssen sich die „Águilas“ im Juni mit nur einer weiteren Gruppe die Camps teilen. „Trotzdem würde ich euch nicht empfehlen, in den Weihnachtsferien oder im Juli/August zu kommen, da sind die Camps überfüllt“ rät Denise ihrer Gruppe, als sie ihre erste Unterkunft „Casa Adán“ erreichen.


Klicke auf das Bild um die Fotostrecke zu starten:

Die sogenannten Camps sind eigentlich nur Wellblechüberdachungen, unter denen Stockbetten, Bänke und Tische stehen. Außerdem gibt es einfache Duschen und Toiletten. Wer überfüllte Schlafsäle in den Bergen mit dem dazugehörigen Fußgeruch kennt, wird sich freuen - da es keine Wände gibt, kann die Luft ungestört zirkulieren und ermöglicht damit Sabine eine angenehm kühle Nacht, obwohl es tagsüber unerträglich heiß war. Ohrenstopfen sind dabei hilfreich … was bei den nächtlichen Dschungelgeräuschen zwar schade, bei den schnarchenden Mitwanderern aber nötig ist.


Tag 2 - Wandern im Tropenhaus …

Am nächsten Morgen fragt Denise ihre Gruppe, ob sie nachts die Frösche quaken gehört haben. Clement, ein lustiger Franzose, lacht „Ah ich habe gedacht, das sei Sabine, die sich in den Schlaf schluchzt.“ Am Tag davor war er nicht ganz so amüsiert. Es ging darum, die lehmigen Pfade, die sich im nachmittäglichen Dauerregen in eine schlammige Rutschpartie verwandelt hatten, unbeschadet herunterzukommen. Nach mehreren Pirouetten war er – sehr zum Vergnügen aller Anderen – im Matsch gelandet. Aber da hier im Dschungel sowieso nichts trocken wird, was einmal nass ist, war er mit allen Klamotten einfach in den natürlichen Pool gesprungen! Reinwaschung und Gruppenunterhaltung in einem.


Spätestens ab Camp 1 wissen die Adler, warum sie die Wanderung machen. Der schmale Pfad schlängelt sich durch dichten Urwald an Pflanzen vorbei, die sie sonst nur aus dem Tropenhaus kennen.

Bunte Blumen wachsen auf Bäumen und am Wegesrand, handgroße Schmetterlinge schwirren durch die Luft, Wasserfälle rauschen in die Tiefe und laut schimpfende Vögel steigen aus den Wipfeln auf.

Immer wieder müssen Wasserläufe gequert werden. Mal geht das, indem die Wanderer von Stein zu Stein springen, aber meistens heißt es Schuhe aus und durch. Während Sabine das Wasser momentan maximal bis knapp über das Knie geht, kann es bei starkem Regen schnell bis zur Hüfte und höher ansteigen. „Manchmal müssen wir dann die Touristen anseilen, um sie sicher auf die andere Seite zu bekommen“ erzählt Denise. Für die Águilas ist der Fluss ein Segen: In der Mittagspause planschen sie am Rio Toño Arzario und legen sich zum Ausruhen auf die großen Felsen mitten in das Wasser. Ein Mädchen mit einem Schwein an der Leine und mit Taschen beladen watet gemächlich an ihnen vorbei. Sie gehört zum Stamm der Kogi, deren Vorfahren ursprünglich die Verlorene Stadt gebaut hatten.


Präkolumbische Hauptstadt der Tayrona

In präkolumbischer Zeit waren in der Sierra Nevada de Santa Marta verschiedene indigene Gemeinschaften beheimatet, von denen der Stamm der Tayrona der dominierende und am weitesten entwickelte war. Vom 9. Jahrhundert an zogen sich diese aus unbekannten Gründen immer mehr in die unzugänglichen Bereiche der Berge zurück und bauten, beginnend ab etwa 1000 n. Chr., rund 200 Terrassenstädte in Höhenlagen von 900 bis 1200 Metern. 

Dadurch entstand ein Netzwerk von verstreuten Städten, die durch gepflasterte Wege, Brücken, Stege und Treppenanlagen erschlossen und miteinander verbunden waren. Für die Anlage der Siedlungen wurde das steile Terrain nivelliert und man errichtete kunstvoll aus Steinen gesetzte Terrassen. Auf diesen erhöhten Plattformen wurden die palmblattgedeckte Rundhäuser erbaut.

Auf dem Weg zum Camp 2 können Sabine und Clement einige dieser Hütten bestaunen, die die Nachfahren heute noch - genauso wie damals – bauen und erhalten. „Inzwischen mussten die Einwohner einen Zaun um die Dörfer spannen“ erzählt Gustavo „Touristen sind einfach in die Hütten gelaufen und haben ohne zu fragen alles fotografiert“. Im Weitergehen erklärt er Sabine, warum die Kogis immer weiße Kleidung tragen.

„Weiß ist das Symbol für Reinheit. Sie sehen die Erde als Lebewesen und glauben, dass „die große Mutter“ alles bestimmt.

Ihrer Ansicht nach haben moderne Menschen das Gleichgewicht der Natur gestört, deshalb wird im September jeden Jahres die Ciudad Perdida für ein paar Wochen gesperrt, damit sie sich von den negativen Schwingungen der Touristen erholen kann.“ Der indigene Name für die Verlorene Stadt heißt Teyuna - Mit einer Fläche von ca. 2 km² und 2000 bis 4000 Einwohnern war sie zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert vermutlich das politische und wirtschaftliche Zentrum.

Heute ist sieder Höhepunkt der viertägigen Wanderung.


Tag 3: Auf zu Ciudad Perdida!

Am Morgen des dritten Tages scheucht Denise ihre Adler mit dem inzwischen gefürchteten

„Vamos Águilas!“

noch vor Sonnenaufgang aus den Federn. Um zu den Ruinen zu gelangen müssen 1100 Stufen bezwungen werden, was nur in den kühlen Morgenstunden eine erträgliche Aufgabe ist. „Ihr müsst hier sehr vorsichtig sein, denn auf den nassen unebenen Stufen passieren die meisten Unfälle“ warnt Denise vor dem Aufstieg. Wie ein grüner Tunnel führen die Treppen steil den Berg hinauf. Sabine setzt vorsichtig einen Fuß schräg über den anderen, da die moosigen Treppen eindeutig für viel kleinere Füße gebaut wurden. Oben angekommen lichtet sich der dichte Wald, und im Schein der frühen Morgensonne spazieren die Wanderer an den erstaunlich gut erhaltenen Mauern durch die ehemalige Stadt. Denise hat ihren Adlern zur Belohnung für den steilen Anstieg Lutscher mitgebracht, und während ihre Gruppe gemütlich auf einer Mauer sitzend lutscht, erzählt sie: „Die Tayrona-Zivilisation war die erste hochentwickelte indigene Kultur, der die Spanier 1499 auf dem amerikanischen Kontinent begegneten. Hier in der Sierra Nevada hörten die Eroberer zum ersten Mal von angeblichen Gold- und Edelsteinschätzen. Der Mythos von El Dorado war geboren und die Gier war entfacht. Zwar verteidigte sich der Stamm heftig, aber im Verlauf von 75 Jahren ununterbrochenen Krieges wurde er fast vollständig ausgelöscht.“ Gustavo zeigt auf die Terrassen. „Der Sage nach pflanzten die überlebenden Bewohner vor Verlassen ihrer Häuser an jeder Hütte einen Baum und flohen dann tiefer in die Berge. Danach wurde die Stadt bald vom Dschungel verschlungen und die Erinnerung an sie ging verloren.“


Gedankenverloren wandern Sabine, Clement und der Rest der Gruppe durch die Stadt, die 350 Jahre lang niemand betreten hatte. Am Aussichtspunkt über der Tempelanlage erinnern zwei schwer bewaffnete Soldaten an die Zeit, die der Wiederentdeckung folgte: der Auseinandersetzung zwischen Grabräubern, Drogenbanden und der Armee. Und obwohl diese hier einen dauerhaften Stützpunkt hat, ist die Lage inzwischen entspannt. Die Soldaten posieren freundlich für Fotos und sehen nicht nach erhöhter Alarmbereitschaft aus. Sabine sitzt überglücklich auf einer Mauer in der Sonne, betrachtet die Ruinen inmitten der dschungelbewachsenen Berge und grinst Clement breit an „Wir haben es geschafft! Schlamm, Schweiss, Regen und Sonne – hier zu sitzen und über die verlorene Stadt zu schauen – das war die Suche nach der Ciudad Perdida auf jeden Fall wert“. Ein lautes „Vamos Águilas“ erinnert die beiden daran, dass sie noch einen langen Heimweg haben …

Info:

Was könnte spannender sein als eine alte, lang vergessene Stadt? Die Ciudad Perdida (wörtlich "verlorene Stadt") versank in der Zeit der spanischen Eroberung im Dschungel und wurde erst in den 1970er Jahren wieder "entdeckt". Tief in den Bergen der Sierra Nevada de Santa Marta ist sie nur zu Fuß erreichbar - eine der aufregendsten und schweisstreibendsten Wanderungen Kolumbiens.


Für Touristen lässt sich die Ciudad Perdida ausschließlich auf einer über Agenturen mit lizenzierten Führern gebuchten vier- bis sechstägigen Trekking-Tour erreichen. Momentan gibt es sechs lizensierte Anbieter, die Touren zur Ciudad Perdida durchführen.


Anreise:

Flug nach Bogota und von dort weiter per Inlandsflug, oder Bus (19h) nach Santa Marta. Alle Touren starten von hier.

Unterkünfte:

Auf dem Weg gibt es mehre einfache Camps, die vom Tour-Veranstalter vorab gebucht werden. Geschlafen wird in Stockbetten mit Moskitonetz. Das Essen und Wasser (zum Nachfüllen) ist inklusive. In manchen Camps gibt es kleine Kiosks, an denen Bier oder Softdrinks gekauft werden können.


Bergführer:

Wir haben die Tour über Expotour gebucht.

(+57) 5 430 7161, Carrera 3ra. # 17 – 27, Edificio Rex Santa Marta

TOURENBESCHREIBUNG Ciudad Perdida

Die Ciudad Perdida wurde zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert vom Stamm der Tayrona erbaut und ist neben Machu Picchu in Peru eine der größten wiederentdeckten präkolumbischen Städte Südamerikas. Ein schweisstreibender Viertages-Treck führt durch dichten Dschungel zu dieser auf 1100 Höhenmeter gelegenen „Verlorenen Stadt“.


Komoot:

Wanderung, mittel

Gehzeit 4 Tage, 44km

Höhenmeter 2140 Höhenmeter (Auf- und Abstieg)


BESTE ZEIT

Die trockenste Zeit ist zwischen Dezember und März. Während allen anderen Monaten muss man mit starken Regenfällen rechnen, was vor allem die Flussüberquerungen schwieriger gestaltet. In der Hochsaison von Ende Dezember bis Mitte Januar und im Juli/August können die Camps überlaufen sein.

Ausgangspunkt: El Mamey 150m

ROUTE

Tag 1: Santa Marta – El Mamey – Camp1 (Casa Adam), 6,8km ca. 4h,

Tag 2: Camp1 – Camp3 (Paraíso Teyuna) 14,7km ca 7h,

Tag 3: Camp 3 – Ciudad Perdida – Camp 2 (Casa Mumake) 6km, 7h,

Tag 4 Camp 2 – El Mamey – Santa Maria 16,5 km, 7-8h.


Packliste:

· Kleiner oder mittlerer Rucksack mit Regenschutz.

· Trekking Schuhe und Sandalen oder Flip-Flops für das Camp.

· Hüttenschlafsack.

· Wechsel-T-Shirt für jeden Tag (bei der Luftfeuchtigkeit ist es fast unmöglich, Kleider zu trocknen),

Shorts zum Laufen.

· langärmeliges T-Shirt und lange Hose für den Abend.

· Wasserdichte Verpackung für die Wechselkleider.

· Badebekleidung.

· Handtuch.

· Socken.

· Insektenschutz.

· Sonnenschutz.

· Wasserflasche.

· Persönliche Medikamente.

· Kamera.

· Taschenlampe

  • Instagram Social Icon
  • YouTube Social  Icon
  • Facebook Social Icon
bottom of page