top of page

Retro ist sexy – Desert Modernism in Palm Springs


„Der Fotograf Julius Shulman hat mit seinen Fotos Palm Spring berühmt gemacht. Sie gleichen Aufnahmen aus einem Werbeprospekt und zeigen sehr attraktive Menschen, in sehr gepflegten Anwesen. So sieht das kalifornische Ideal aus und hier in Palm Springs ist man auch in der Realität nicht weit davon entfernt. Es ist warm, Palmen wehen im Wind, Swimming-Poole glitzern und die Sonne badet die Berge in einem Wechsel aus Licht und Schatten“. Michael Stern, Autor des Buches „Julius Shulman: Palm Springs“ gerät bei der Frage, was das Besondere an der Stadt in der Wüste ist, geradezu ins Schwärmen.

Auch sein Kollege Trevor O'Donnell begeistert sich für das, was der Mensch hier erschaffen hat: „Früher war hier Nichts – nur Schotter, Sand und viel Wind. Wisst ihr eigentlich, wie oft die Fahnen hier ausgewechselt werden müssen? Einmal im Monat. Hier pfeift es ganz gewaltig. Als Albert Frey und Robson Chambers 1965 die „Tramway Gas Station“ bauten, gab es noch nicht mal eine befestigte Strasse. Aber die gewagte Dachkonstruktion hat damals wie heute schon wie eine Kompassnadel nach Palm Springs gezeigt.“

Heute beherbergt die ehemalige Tankstelle das Palm Springs Visitors‘ Center und hier startet auch die Desert Modernism (Wüsten Modernismus) Tour mit Trevor, Guide der Modern Tours. Seine Architektur-Führung zeigt die bedeutendsten Gebäude diesen Stils. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine solche Dichte von Häusern der vom Bauhaus inspirierten Baukunst. Eigentlich gleicht die ganze Stadt einem Freilichtmuseum. Nach dem 2. Weltkrieg kamen die ersten Stars aus dem nur 2 Stunden ​​entfernten Los Angels und machten den ehemaligen Kurort berühmt. Alles was Rang und Namen hatte, tummelte sich plötzlich in der Oase mitten in der Wüste. Marilyn Monroe, Elvis Presley, Frank Sinatra, um nur einige zu nennen - sie alle wollten plötzlich hier ein modernes Feriendomizil haben. Dafür brauchte es natürlich auch entsprechend innovative Architekten, um neue Ideen umzusetzen. Architekt Albert Frey war genau der richtige Mann dafür. Als ehemaliger Mitarbeiter von Le Corbusier war er 1930 nach Amerika übergesiedelt. Seine Idee war es, die klaren Linien vom Bauhaus mit der wilden Natur zu verbinden.

Foto www.palm-springs.de

Bestes Beispiel dafür, erklärt Trevor heute den Besuchern, ist das „Frey II“ Haus. Das Gelände war eigentlich nicht als Bauplatz zu gebrauchen, denn mittendrin lag ein riesiger Felsblock. Frey entfernte ihn nicht, sondern integrierte ihn auf geniale ​​Weise in seine Architektur: Der Fels ragt in das Schlafzimmer und macht das Haus erst damit zu einem Meisterstück des Desert Modernism. Der Fels im Pool symbolisiert exakt den Kern des Modernismus in der Wüste: die Verwebung von wilder Landschaft mit klarem Design und das Verschmelzen von Natur und Menschenwerk zu einer einzigartigen Ästhetik.

Desert Modernism konnte/kann nur in einer Umgebung wie Palm Springs funktionieren, mit heißen Sommern und Temperaturen, die selbst im Winter selten unter 20 Grad Celsius sinken. Hier muss sich niemand hinter dicken Wänden und schweren Vorhängen verstecken – in Palm Springs will man Wüstenluft atmen. So sind grosszügige Fensterfronten eines der Stilmerkmale, der Blick soll frei auf die wilde Natur sein.

„Damals mussten sich die Celebrities noch nicht so abschotten wie heute“, erzählt Linda. „Ich bin 1968 nach Palm Springs gekommen. Damals sind auch die Stars ganz normal abends ins Restaurant gegangen. Keiner wollte von Ihnen Autogramme, Selfies, oder hat sie sonstwie belästigt. Frank Sinatra ging abends oft im „Trinidad“ essen. Jeder wusste, wer er ist, das war es aber auch schon. Nach dem Essen hat sein Fahrer dann jeder Frau eine Rose in seinem Namen überreicht.“ Linda ist PR Managerin des ACE Hotels, eigentlich bereits pensioniert. Das Rentner/Dasein war ihr zu langweilig und so hat sie kurzerhand wieder angefangen zu arbeiten, nachdem sie zuvor über 20 Jahre für die Palm Springs Tramway gearbeitet hat.

Diese drehende Gondel trägt die Besucher in 15 Minuten von fast Meeresniveau auf 2597 Meter Höhe. Oben auf dem Mount-San-Jacinto ist es 20 Grad kühler als unten in der Wüste. Im Winter finden Schneeschuh-Wanderungen statt, und während im Sommer in Palm Springs Outdoor-Aktivitäten bei 50 Grad nicht wirklich möglich sind, locken auf dem Berg fast 90 Kilometer an Wanderwegen bei frühlingshaften Temperaturen. Die Palmen sind verschwunden und riesengrosse Jeffrey-Kiefern ragen stattdessen in den strahlendblauen Himmel. Ab und zu geben sie einen Blick in das 2000 Meter tiefer gelegene Coachella-Tal und die schachbrettartig angelegte Oase frei.

Für Johannes Bacher, Besitzer und Koch des gleichnamigen Restaurants, ist der Berg der beste Ort, um der Sommerhitze zu entfliehen. Als Österreicher mag er Temperaturen über 40 Grad nicht sonderlich, aber dafür Schnitzel in allen Variationen. „Schnitzel geht immer: kalt, auf dem Salat und natürlich auch ganz klassisch. Eigentlich wollte ich in meinem Restaurant nur moderne europäische Küche anbieten, aber die Gäste wünschen sich von mir immer Schnitzel. Als ich hier das erste Mal herkam, gab es nur Rind und Kartoffeln, aber inzwischen gibt es ausser unserem Restaurant noch viele, die eine innovative Küche anbieten.“

Neu erfinden musste sich die Stadt in den 90er Jahren. Plötzlich war Palm Springs nicht mehr hip, die Stars blieben aus und die Häuser vergammelten. Die einzigen Besucher waren grauhaarige Herren, die zum Golfen kamen. Das „House of Tomorrow“ wo einst Priscilla und Elvis Presley ihre Flitterwochen verbrachten, war in Gefahr, im Gestern zu versinken.

In den 80ern waren es dann zuerst die Modefotografen und Location Scouts, die das fantastische Setting der Stadt wiederentdeckten und es für ihre Shootings zu nutzen begannen. Es folgte die homosexuelle Community – sie übernahm die Bars, restaurierte die Hotels und eröffnete allerhand Galerien und Secondhandläden, für die die Stadt heute genauso berühmt ist wie für seine Architektur.

Anfang des Jahres wurde die Stadt von dem Unterwäsche-Label Victoria‘s Secret zu „sexiest“ City in den USA gewählt. Sarah vom Tourismus Büro hat auf das „Warum?“ eine klare Antwort. „Hier ist mit 350 Sonnentagen im Jahr immer schönes Wetter, es ist heiß, die Menschen haben wenig an, es gibt hippe Unterkünfte und das ganze Jahr über Veranstaltungen, zu denen sich auch Stars blicken lassen. Vor allem das Coachella Festival – letztes Jahr trat hier Lady Gaga auf, die übrigens bei der gleichen Wahl zur sexiest Sängerin gewählt wurde - ist ein Publikumsmagnet. Letztes Jahr kamen an einem Wochenende 100.000 Besucher. Die Stadt ist sicher und offen. Egal ob schwul, lesbisch, hetero, jeder ist hier willkommen.“

Davon kann man sich als Besucher auf einer der vielen Poolpartys, die von den meisten Hotels veranstaltet werden, selbst ein Bild machen. Wie auf einem Bild aus einem Reiseprospekt tummeln sich hier die durchtrainierten, meist tätowierten Körper in knapper Badekleidung in und um das hellblaue Wasser. Bunte Cocktails werden serviert, der DJ sorgt für gute Stimmung und aufblasbare Ananas und Schwäne geben den perfekten Farbtupfen für das perfekte Bild.

Kein Wunder also, dass Desert Modernism wieder so in ist. Eine neue Generation entdeckt das coole Retro-Design wieder, das hier allgegenwärtig ist. Dieser Stil transportiert das Lebensgefühl der goldenen Hollywood-Ära in unsere Gegenwart. Trevor erzählt seiner Gruppe von Hugh Kaptur, einer der wenigen noch lebenden Architekten in Palm Springs aus der damaligen Ära. Mit 93 Jahren wurde er noch im letzten Jahr gebeten, neue Häuser zu entwerfen, die im ursprünglichen Stil gehalten sind. Alles kommt wieder – der Stil, die Mode, die Stars und damit auch die grossen Partys. So hat Leonardo DiCaprio beispielsweise ein Desert Modernism Haus gekauft, das Besucher auch mieten können. Trevor muss seine weiblichen Tourbesucher allerdings enttäuschen – bei dem stolzen Tagespreis von mindestens 3750$ pro Nacht ist die Anwesenheit von Leonardo nicht mit inbegriffen.

Allgemeine Information:

Palm Springs liegt im Coachella-Tal in der Wüste Kaliforniens, etwa zwei Autostunden von Los Angeles entfernt. Allgemeine Informationen zu Palm Springs in deutscher Sprache liefert die Website www.palm-springs.de sowie der Facebook-Auftritt facebook.com/VisitPalmSprings.

Anreise:

Wer nicht auf einer Rundreise an der Westküste der USA mit einem Mietwagen unterwegs ist, kann auch bei der Lufthansa einen Flug um die 1000€ über San Francisco nach Palm Springs buchen. Alternativ fliegt man direkt von Frankfurt nach Los Angeles und fährt dann noch ca 2 Stunden mit dem Mietwagen zur Stadt in der Wüste.

Erleben:

Jeden Februar zelebriert die Stadt mit der Modernism Week die besondere Architektur in Palm Springs. Es werden Touren, Lesungen, Filme und kulturelle Veranstaltungen in ausgewählten Häusern angeboten. Weitere Informationen und Tickets sind unter www.modernismweek.com erhältlich. Das nächste Event findet vom 15.-25. Februar 2018 statt. Ab dem 25.10.2017 sind die kommenden Veranstaltungen online, die bis zum 1.11.2017 gebucht werden können.

PS Architecture Tours bietet jeden Morgen um 10:00 Uhr eine 3-stündige Tour (85$ pro Person) zu einigen der bedeutsamsten Gebäude der Stadt an. Die Häuser werden dabei leider nur von aussen besichtigt. Aber Trevor O'Donnel macht dieses kleine Manko durch viele sehr amüsant vorgetragene Insidergeschichten zu Stars, Klatsch & Tratsch und vor allem Kenntnis zu Desert Modernism wieder wett. Auf Anfrage können auch Touren mit Hausbesichtigung gebucht werden. Diese sind – je nach Haus – teurer. Ich würde aber so eine Tour auf jeden Fall empfehlen. Tel: 323 578 6026, trvodonnell@gmail.com, www.psarchitecturetours.com

Michael Stern ist Autor und hat bereits mehrere Fernsehauftritte zum Thema Architektur in Palm Springs absolviert. Seine „The Modern Tour“ führt auch in einige Häuser. Buchungen mindestens einen Tag vorher. 150$ pro Person. Tel: (760) 904-0904, info@themoderntour.com, www.themoderntour.com

Wer die Stadt einmal hinter sich lassen will, ist bei Bob Gross an der richtigen Adresse. Er arbeitet für die „Desert-Adventures“. Mit seinem roten Jeep bringt er die Gäste wahlweise zu den Indian Canyons, oder auch zum Joshua Tree National Park (www.red-jeep.com)

Schlafen:

Architekturfreunde finden in Palm Springs eine breite Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten im Desert Modernism-Stil. Hotels wie das 1952 von William Cody erbaute L‘Horizon Hotel (www.lhorizonpalmsprings.com) oder das Movie Colony Hotel (www.moviecolonyhotel.com) sind nur einige Beispiele. Der Ace Hotel & Swim Club gilt momentan als eine der heissesten Adressen in der Wüste. Obwohl das Hotel 176 Zimmer hat, ist der Service sehr persönlich. Die Zimmer sind im angesagten Boho-Style designed (https://de.acehotel.com/palmsprings).

Außerdem bietet Palm Springs die Möglichkeit, die Villen einstiger Hollywoodstars als Ferienhäuser zu mieten. Weitere Informationen finden Interessierte unter www.acmehouseco.com.

Das Haus von Leonardo DiCaprio kann man unter: https://www.432hermosa.com buchen

Essen:

„Johannes“ gehört dem gleichnamigen, aus Österreich stammenden Besitzer und Koch Johannes Bacher. Obwohl er Schnitzel gerne mag, bietet sein preisgekröntes Restaurant viel mehr. Johannes nennt den Stil „moderne europäische Küche“ zu der er sich auf vielen Reisen hat inspirieren lassen.

196 S Indian Canyon Drive, Palm Springs, CA 92262-6604, Tel: (760) 778-0017, www.johannesrestaurants.com

Auch Vegetarier werden in diesem Burgerladen fündig. „The Draughtman“ bietet neben leckerem Pubfood auch eine breite Palette an frisch gezapften Bieren. 1501 North Palm Canyon Drive, Palm Springs, CA 92262, Tel: 760-507-1644, www.draughtsmanpalmsprings.com

  • Instagram Social Icon
  • YouTube Social  Icon
  • Facebook Social Icon
bottom of page