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Nachtbesuch im Maurenreich


Der Herbst zeigt sich die nächste Woche nicht gerade von seiner sonnigsten Seite. Wie gut, dass die Menschheit Flugzeuge erschaffen hat, die uns in weniger als zwei Stunden aus der Tristesse Deutschlands in das warme Licht Spaniens bringen können. Ein Wochenende genügt meist schon, um die Akkus wieder zu laden und die Stimmung deutlich aufzuhellen.

Welche Stadt würde sich besser anbieten als Granada - eine Umgebung, die so ganz anders ist als die alltägliche Kost für die Augen. Hier erhebt sich die Alhambra über einer verwinkelten Stadt, in der sich das maurische Erbe noch so lebendig anfühlt, als hätten die Sarazenen gerade erst den Schlüssel an die christlichen Könige übergeben. Die Alhambra ist eine Stadt in sich selbst; aussen eine gigantische Festung, innen ein Palast aus 1000 und einer Nacht, der als eine der schönsten Beispiele maurischen Stils in der islamischen Kunst gilt. Seit 1984 ist sie Weltkulturerbe und eine der meistbesuchten Touristenattraktionen Europas.

Während das restliche Europa im finsteren Mittelalter vor sich hin dämmerte, erblühte dieser Teil von Al Andalus: Kunst und Wissenschaft waren weltberühmt, das Handwerk galt in ganz Europa als Vorbild. Für alle Kinder gab es Schulen, für die Einwohner der Stadt Krankenhäuser, Bibliotheken und Freizeitzentren. Die Straßen waren befestigt, und es gab überall Wasserleitungen – im christlichen Europa war solch ein Luxus unbekannt.

Die Pracht der Stadt war überwältigend und wurde von einem arabischen Dichter mit ‚Neid des Abendlands, in mir das Morgenland …‘ besungen.

Wir starten unsere Erkundungstour durch Granada in dem Viertel Albayzin, dem ältesten maurischen Stadtteil. Durch unzählige kleine Gässchen und weissgetünchten Häusern wandern wir immer leicht den Berg hinauf. Zwischen christlichen Kirchen und Klöstern befinden sich noch heute maurische Bäder und Festungsanlagen, die von einer fast 800 Jahren arabischen Herrschaft zeugen. An jeder Ecke gibt es Tapas-Bars und Bodegas, die zu einem kleinen Zwischenstopp einladen – aber wir wollen vor dem Sonnenuntergang am Mirador San Nicolas sein und so lassen wir uns auf dem Weg hinauf nicht ablenken.

Am Aussichtspunkt angekommen, eröffnet sich ein traumhafter Blick auf die gegenüberliegende Alhambra. Die letzten Strahlen der Sonne lassen das beeindruckende Gebäude rot aufleuchten und es wird klar, weshalb sie auch die rote Festung genannt wird. Mit einem Glas Rotwein in der Hand sitzen wir auf der Terrasse des Restaurants El Huerto de Juan Ranas‬‎ und blicken auf den zarten Farbwechsel durch die Abendsonne von leuchtend rot, lila, blau – bis die Scheinwerfer angehen und die Alhambra wieder rot leuchtet.

Am nächsten Tag beginnen wir unseren Besuch der Alhambra, indem wir dieses Mal den Sabikah-Hügel hinauflaufen und uns so langsam durch ein Wäldchen, an kleinen Wasserfällen vorbei, der riesigen Festung von unten nähern. Die Alhambra ist von einer gigantischen Stadtmauer umgeben – diese und die Zitadelle Alcazaba sind der älteste Teil. Um uns einen Überblick zu verschaffen, besteigen wir die Zinnen und dann den Wachtturm – von hier aus hat man einen grossartigen Blick über Granada, die Berge und die Festung.

Nachdem die Sonne hier im schattenlosen Teil der Burg auf uns niederbrennt, verlagern wir unseren Besuch über die heissen Mittagsstunden in den Garten des Palacio de Generalife. Diese grüne Oase, die zum Sommerpalast der Sultane gehörte, wird als schönstes Exemplar eines mittelalterlichen Garten in Al-Andalus angesehen. Ursprünglich war der Generalife über einen überdachten Fußweg über die Schlucht hinweg mit der Alhambra verbunden. Heute sind überall schattenspendende Bäume, Wasserspiele, Blumenrabatte und reichlich Gartenbänke, die zu einer kleinen Siesta in grossartiger Umgebung einladen – kein Wunder, dass Garten und Palast von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden.

Auch der im 13. Jahrhundert errichtete Palast Generalife ist unbedingt empfehlenswert: die Anlage besteht aus dem Acequia-Hof mit seinen Wasserspielen und dem Garten der Frau des Sultans.

Noch haben wir Zeit bis zum Sonnenuntergang und nutzen diese, um uns im Garten des Parador von Granada zu stärken. Das ehemalige Kloster aus dem 15. Jahrhundert liegt auf dem Gelände der Alhambra. Hier kann man nicht nur stilvoll übernachten, sondern auch als Besucher essen oder einen Kaffee trinken. Der Geist vieler Berühmtheiten schwebt über diesem Ort, und für eine kurze Zeit kann man sich in dieser magischen Kulisse wähnen, einer von ihnen zu sein: hier wollte Dalí seine Gala malen. Hier, im Innenhof gleich neben dem Speisesaal, begleitete Andrés Segovia die Nächte mit Gitarrenklängen. Auf ihrer Hochzeitsreise verweilten hier Grace Kelly und Rainier von Monaco. Künstler, Politiker, Intellektuelle wie Rita Hayworth, die Königinmutter von England, Franco, der Tänzer Antonio, Baudouin und Fabiola von Belgien, der Ex-Präsident Johnson, Victor Mature waren alle schon hier … und jetzt auch wir.

Endlich ist es soweit: die Sonne sendet ihre letzten Strahlen über den Berg und taucht die Alhambra wieder in ihren berühmten roten Glanz. Pünktlich zu der Uhrzeit, die auf unseren Nachtbesuch-Tickets zu den Nasridenpalästen steht, stehen wir in der Schlange. Im Gegensatz zum Rest der Alhambra ist der Eintritt zu den Nasridenpalästen nur während der auf der Eintrittskarte angegebenen Zeit möglich, da die Kapazität auf 300 Personen pro 30 Minuten beschränkt ist. Die blaue Stunde ist da und wir dürfen in diesen Traum aus 1000 und einer Nacht eintreten. In der sanften Beleuchtung können wir die reich verzierten Wände, Kuppeln und Torbogen ausmachen. Die Nasridenpaläste mit ihren Gärten sind das Herzstück der Alhambra. Hier befanden sich der Regierungssitz und die Privaträume der arabischen Herrscher. Die Wände sind mit Arabesken und arabischen Schriftzügen aus Stuck versehen, die Kuppeln sind auf der Innenseite kunstvoll mit Muqarnas verziert, die filigran wie Bienenwaben verarbeitet sind. Die Architekten der Alhambra waren besonders darum bemüht, selbst die kleinsten Stellen mit dekorativen Elementen zu versehen. Die Wände sind mit wunderschönen, edlen Keramiken und Stuckarbeiten bedeckt, die Decken sind aus kunstvoll geschnitztem Holz. Im warmen Lampenlicht leuchten die Verzierungen wie reines Gold. Der Sala de Embajadores, Saal der Gesandten, diente den Audienzen, hier empfingen die Herrscher Gesandte anderer Königreiche. Dabei hatten sich die Sultane eine besondere Raffinesse einfallen lassen: auf den Thron fiel Licht von drei Seiten, die Eintretenden sahen den Herrscher jedoch nur im Gegenlicht. So konnte er die Besucher eingehend mustern, während ihr Gegenüber im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln blieb. Besonderes Wahrzeichen dieses Saales im Erdgeschoss des mit 45 m höchsten Turmes der Burg, dem Torre de Comare, ist die prachtvolle Kuppel aus Zedernholz. Berühmt ist auch der Löwenhof – der Name kommt von dem von zwölf steinernen Löwen getragenen Springbrunnen. Am Rand des Brunnens ist ein Spruch des Dichters Ibn Zamrak zu lesen: Selig ist das Auge, das diesen Garten der Schönheit sieht.

Für islamische Bauten ungewöhnlich ist der Raumschmuck im Saal der Könige, dem Sala de los Reyes: Der Islam verbietet eigentlich die bildliche Darstellung des Menschen. In diesem Raum sind jedoch Szenen aus dem Leben am Hofe, bei der Jagd und die Befreiung eines Mädchens zu sehen.

Wir wandeln weiter durch die Paläste, staunen über die Kunstfertigkeit der Handwerker und bewundern den grandiosen Blick, der sich von den Balkonen auf die Altstadt Albayzin eröffnet. Ein weiteres Highlight ist der Myrtenhof – ein speziell geformter Wasserzufluss verhindert Wellenbildung und gewährleistet trotz ständigen Nachfüllens die spiegelglatte Oberfläche im Becken. Hier spiegeln sich nicht nur der weiße Comaresturm, sondern auch Mond und Sterne wieder. Ein magischer Moment: ganz weit weg von Deutschland und dem Regen!


INFOS:

HINKOMMEN:

Es gibt keine Direktflüge nach Granada. Am besten fliegt man nach Malaga und nimmt sich dort einen Mietwagen. Flüge nach Malaga gibt es mit Ryanair von Frankfurt Hahn ab ca. 100€. Die Preise variieren stark nach Saison und Wochentag www.ryanair.com/de

Condor fliegt ab Mitte März von Frankfurt/Main für ca. 150€.

Bus von Malaga Flughafen nach Granada:

Es gibt Busse, die direkt vom Flughafen in Malaga zum Busbahnhof in Granada fahren. Abfahrtszeiten sind 11:30 morgens und abends 18:30. Das Einzelticket kostet 10€ und dauert 2:20h.

RUMKOMMEN:

Bei www.billiger-mietwagen.de können Sie verschiedene Anbieter vergleichen. Ein Kleinwagen kostet für drei Tage ca. 70€ .

SCHLAFEN:

Direkt auf dem Gelände der Alhambra befindet sich das Parador de Granada San Francisco (Real de La Alhambra, s/n. 18009 Granada, http://www.parador.es/de/paradores/parador-de-granada) Viele berühmte Personen haben hier schon genächtigt, wie beispielsweise Grace Kelly und Rainier von Monaco auf ihrer Hochzeitsreise. Doppelzimmer mit Frühstück gibt es ab 150€.


ESSEN:

Der Garten von Juan Ranas hat unbestritten den schönsten Blick auf die Alhambra. Hier im Sonnenuntergang den Lichtwechsel auf dem mächtigen Gebäude zu bewundern ist der absolute Traum. El Huerto de Juan Ranas‬‎ (Callejón Atarazana‬, 18010, Granada, España‬, Tel:+34 958 28 69 25‬, http://elhuertodejuanranas.com/

Die Bodega Castaneda ist angeblich eine der ältesten Bars in Granada. Hier gibt es in typischer Bodega-Atmosphäre Tapas und Paella. Bodegas Castaneda, Almireceros 1-3, 18010 Granada, Tel+34-95-822-32-22.

ANSCHAUEN:

Die Alhambra ist eine der meist besuchten Denkmäler der Welt. Um lange Warteschlangen oder die Enttäuschung über ausverkaufte Tickets zu vermeiden, empfiehlt es sich, Karten schon vorher über das Internet zu bestellen: http://www.ticketmaster.es/

Nächtliche Besichtigung der Nasridenpaläste: 9,30 €

Im Gegensatz zum Rest der Alhambra ist der Eintritt zu den Nasridenpalästen nur während der auf der Eintrittskarte angegebenen halben Stunde möglich.

PAUSCHAL:

Geführte Reisen gibt es beispielsweise von Studiosus (www.studiosus.com), die allerdings meist mindestens 8 Tage dauern und auch andere Sehenswürdigkeiten in Andalusien abdecken.

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