Indigener Tourismus in Kanada boomt.
Immer mehr Reisende wollen einen Einblick in die Welt der First Nations bekommen. In diesem Blogpost stelle ich fünf indigener Tourismus Touren vor, bei denen du in die reiche Kultur und Tradition der Ureinwohner Kanadas eintauchen kannst.

Kultur ist Identität. Ob beim großen Powwow in Calgary, beim Whale Watching vor Vancouver Island oder beim "Fireside Chat" mit Matricia im Jasper Nationalpark in den Rocky Mountains: immer mehr Ureinwohner Kanadas entdecken ihre Wurzeln und teilen diese mit intressierten Besuchern.
Stille. Ein kräftiger, tiefer Trommelschlag. Ein Herzschlag Pause ... bis der zweite Schlag die Stille durchdringt.
Der tiefe Bass der mit Bisonhaut bespannten Trommel ist nicht nur zu hören, seine Vibration ist am ganzen Körper zu spüren. Es ist der Herzschlag der Trommel, der Herzschlag der Ureinwohner Kanadas, der Herzschlag des Powwow.
Fireside Chat mit der "Warrior Woman" in Jasper

(Touren mit Matricia kannst Du hier buchen)
„Hast du jemals die Trommeln und den Ruf der Sänger gehört?“
fragt Matricia Bauer, die mit ihrer Tochter Mackenzie „Warrior Woman“ gegründet hat, um für den Erhalt und die Wiederbelebung der indigenen Kultur in Kanada zu kämpfen. Nicht mit Waffen, sondern mit Workshops und gemeinsamen Erlebnissen. Um das knisternde Lagerfeuer im kanadischen Jasper National Park hat sich eine kleine Gruppe von TouristInnen versammelt, um den Geschichten und Liedern der charismatischen Ureinwohnerin besser lauschen zu können.
„Wenn ja, wird es dir für immer in Erinnerung bleiben. Die Powwow-Trommeln und der Gesang wecken etwas tief in uns - für uns sind sie der Herzschlag von Mutter Erde, der erste Klang, der auf der Welt zu hören war. Man hört den Schlag der Trommel und wird plötzlich in eine alte Erinnerung an das Land, an eine andere Zeit, an eine andere Sprache zurückversetzt, die tiefer schlägt als alle Worte. Sie bringt die Seele wieder ins Gleichgewicht, indem man tanzt, singt und dem Herzschlag lauscht“.
Ein Gleichgewicht, das durch Ankunft der Europäer aus der Balance gekommen war. Über mehrere Jahrhunderte wurden die Indigenen in Kanada unterdrückt und durften ihre Kultur und ihre Tradition nicht ausleben.
„Früher wollte ich keine Ureinwohnerin sein“
gesteht Matricia. „Aber je mehr ich mich mit meiner Vergangenheit beschäftigte - je mehr ich las, hörte, mit Menschen sprach, desto mehr fühlte ich mich verbunden und wollte mehr wissen. Irgendwann merkte ich: hey, ich habe großartige Vorfahren, auf die ich stolz sein kann. Und das möchte ich jetzt weitergeben. Offensichtlich mit Erfolg - Matricia ist heute eine gefragte Keynote-Speakerin, in Schulen bastelt sie mit Kindern Traumfänger und Perlenarmbänder und in Workshops sammelt sie mit Touristen Heilkräuter.
Wenig bekannt ist hierzulande die dunkle Vergangenheit der Ureinwohner Kanadas. Von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis 1996 wurden Kinder, wie auch Matricia Bauer fern von ihren Familien in Residential Schools, wie die kirchlich geführten Internate für Aborigines auch genannt werden ihrer ursprünglichen Kultur beraubt. Unter anderem wurden ihnen bei der Ankunft die Haare geschoren und sie durften ihre eigene Sprache nicht sprechen.
2. Powwow auf der Stampede in Calgary
(Mehr Informationen findest du hier und auf meinem Blog Post )

Eine Ausnahme war die Calgary Stampede – laut eigener Aussage die größte Outdoor-Show der Welt. Einmal im Jahr, im Juli, wird die Stadt in Alberta zur Cowboy-Hochburg; auffällig sind (für Europäer durchaus gewöhnungsbedürftig) nur diejenigen, die keine Cowboystiefel und keinen Cowboyhut tragen. Auf dem riesigen Gelände findet eine der größten Rodeo-Shows der Welt statt, inklusive Planwagenrennen und landwirtschaftlichen Wettbewerben. Seit der ersten Veranstaltung im Jahr 1886 sind auch die fünf ansässigen First Nations mit von der Partie. Die Clans der Tsuu T'ina, Piikani, Stoney, Kainai und Siksika schlagen jedes Jahr ihr Lager am Ufer des Elbow River im südlichen Teil des Stampede Parks auf. Sie bauen ihre handbemalten, teils farbenfrohen und mit Symbolen versehenen Tipis auf, veranstalten Powwows, bieten Kunsthandwerk an und lassen die inzwischen über eine Million Besucher an ihrer Kultur teilhaben. Jedes Jahr wird aus einer der fünf Nationen eine Indianerprinzessin gewählt, die sich in verschiedenen Wettbewerben, unter anderem im Reiten, beweisen muss.
Amber Big Plum war die indigene Prinzessin des Jahres 2013.
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„Hier auf der Stampede konnten meine Vorfahren ein Powwow abhalten, obwohl es uns sonst verboten war, unsere Traditionen auszuüben“
erzählt Amber einer Besuchergruppe, die sie über das Gelände führt. „Mehrmals sollte in der Vergangenheit unsere Teilnahme verboten werden. Das Department of Indian Affairs wollte unsere Kultur auslöschen.“ Doch glücklicherweise konnten die Organisatoren die Teilnahme der First Nations immer wieder durchsetzen.
Seitdem hat sich das dreitägige Powwow der Calgary Stampede zu einem stetig wachsenden Publikumsmagneten entwickelt. 2022 fand es das erste Mal im Saddledome mit einer Kapazität von über 19.000 Sitzplätzen statt, um noch mehr Zuschauern die Möglichkeit zu geben, die Kultur der Ureinwohner zu erleben, während die Künstler um 175.000 Dollar Preisgeld kämpfen. Der Wettbewerb findet in mehreren Kategorien und nach Geschlechtern getrennt statt. Es gibt beispielsweise traditionelle-, oder Grastänze. Highlight ist der Hühnertanz.
3. Talking Tree Tour in Vancouvers Stanley Park
Die Tour könnt ihr hier buchen.

Bei der „Talking Tree Tour“ in Vancouver begrüßt Seraphine Lewis ihre Gruppe im lokalen Squamish-Dialekt mit
„Halhskwel" - was auf Deutsch so viel bedeutet wie "ein schöner, blauer Himmel-Tag".
Die Sprachen der Ureinwohner waren durch Unterdrückung fast ausgestorben, nur noch wenige Menschen konnten sie sprechen. Inzwischen wird sie wieder in Kindergärten und Schulen gelehrt, und es gibt Bachelor-Studiengänge mit indigener Sprache als Schwerpunkt. Beim Spaziergang durch den Stanley Park erzählt Seraphine, wie ihre Vorfahren seit Jahrtausenden Bäume und Pflanzen für Nahrung, Medizin und Technik nutzen. Traditionen, die sich zum Teil bis heute erhalten haben: „Wenn wir Lachsbeeren (eine Himbeersorte) ernten, nehmen wir nur ein Drittel der Früchte, den Rest lassen wir für die Tiere und zum Aussäen. Bäume sind Teil unserer Familie. Wenn wir einen Baum fällen, werden alle Teile verwendet.
4. Wie früher - Ksan Historical Village
Hier findest du Informationen zu dem Freilichtmuseum.

Auch bei den Einwohnern des Dorf Gitxsan wurden keine Ressourcen verschwendet. 180 Meilen östlich von Prince Rupert liegt das Ksan Historical Village & Museum, ein rekonstruiertes Dorf des Clans. Eindrucksvoll ragen die kunstvoll geschnitzten Totempfähle in den Himmel. Überdimensionale Vogelschnäbel, Frösche, Wölfe und kleine Menschen sind darauf abgebildet.
Die hölzernen Langhäuser sind mit fast modern anmutenden Symbolen in leuchtend roter Farbe bemalt. Ashtan, eine junge Frau mit langen schwarzen Haaren und rotem T-Shirt, führt eine kleine Besuchergruppe in das Wolf-Haus, in dem traditionell Feste gefeiert wurden.
„Alles, was ihr hier seht, ist aus Zedernholz gemacht: Seile, Kleider, Matten. Die Rinde wurde in Wasser eingeweicht und die Fasern dann gewebt“.
Insgesamt über 600 Exponate wie zeremonielle Masken, Knopfdecken, Schamanenausrüstungen, Fischfang- und Jagdutensilien, bunte Masken, Boxen, Rasseln geben einen guten Einblick in die Lebensweise der Ureinwohner vor der Ankunft der Siedler, in der auch Tiere eine wichtige spirituelle Stellung hatten.
5. Auf Wal- und Bärensuche im Broughton Archipelago Park vor Vancouver Island

Touren mit Sea Wolf Adventures kannst du hier buchen.
Der Bär wird wegen seiner Stärke, seiner Führung, seines Vertrauens und seines Mutes "Großvater" genannt, und der Orca gilt als Symbol der Romantik, da er ein Leben lang mit einem Partner zusammen bleibt. Auch im Bereich der Tierbeobachtung gibt es inzwischen viele indigene Anbieter, die den Touristen nicht nur Wale oder Bären zeigen, sondern auch deren Bedeutung für ihr Volk vermitteln. So zum Beispiel Sea Wolf Adventures, die im Broughton Archipelago Park, dem größten Meerespark in British Columbia, geführte Touren zu Grizzlybären und Walen anbieten. Er besteht aus einer Ansammlung einsamer Inseln nahe der Nordspitze von Vancouver Island. Die Inseln werden seit Generationen von den Ureinwohnern genutzt.
Frühmorgens liegt Nebel über den Bergen. Die aufgehende Sonne färbt die graue Welt in ein warmes Orangerot. Vor dem Boot tanzen Weißseitendelfine in den Wellen, ein Weißkopfadler erhebt sich majestätisch von einem Baumriesen in den Himmel. Alan Hunt, Skipper und Künstler (seine Kunstwerke waren unter Anderem schon auf der Documenta in Kassel zu sehen), scannt die Muschelbänke, die die einsetzende Ebbe freigibt.
„Bei uns Kwakwaka'wakw gibt es ein Sprichwort: Wenn die Flut zurückgeht, ist der Tisch reich gedeckt“
sagt er, während er das Boot gekonnt durch die schmalen Wasserstraßen der Inseln steuert. Auch die hier lebenden Grizzlies scheinen dieses Sprichwort zu kennen. Eine kräftige Bärin klettert für ihre Größe erstaunlich flink und elegant durch die Bäume die Steilküste hinunter zum Strand. Mit Leichtigkeit dreht sie riesige Felsbrocken auf der Suche nach Muscheln und Krebsen. Die Touristen an Bord wagen kaum zu atmen, um den Zauber des Augenblicks nicht zu stören. Leise schlägt Alan eine Trommel - rhythmisch, gleichmäßig wie der Herzschlag der Natur.